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Das Zollrad

3. 5. 2011

Das Zollrad.

Von Dr. Anton Gnirs.

In diesen Mitteilungen XXXIII, 216, wurde schon im Jahre 1885 von I. Fischer unter Hinweis auf einen bei Michelob am so­genannten Launer Steig vorkommenden Flurnamen „Am Zoll­rädl" die bisher unbeantwortet gebliebene Rundfrage gestellt, ob zur Erklärung einer hier zu Grunde liegenden Einrichtung weitere Nachricht gewonnen weiden könnte. Nach einer freund­lichen Mitteilung des Steinkreuzforschers Direktor Franz Wil­helm in Elbogen kommt als Ortsbezeichnung der auffallende Namen Zollrädl im Zusammenhang mit einem Steinkreuz in Radform zunächst auch an einer Reichsstrahenkreuzung zwischen Saaz und Reitschowes vor. Ferner ist der Flurnamen „Am Zollrädel" auch aus der Kaadner Gegend oberhalb Heinets­dorf am Abhange des Eichbeiges bekannt, wo die Herrschaftsbe­zirke Winteritz und Klösterle aneinandergrenzen1).

Eine von J. Fischer a. a. O. mitgeteilte, doch von ihm selbst angezweifelte Erklärung des Zollrades als Einwurfkassa in Rad­form ist unhaltbar. Unbegründet war dann auch die von Karl Meder vorgeschlagene Deutung als sichtbares Zeichen der Zoll­stätte selbst. Bei der Bearbeitung des ehemaligen Theusinger Amtsarchives fand ich nun unter Zeugenausfagen des I. 1664 zu einem Prozeß zwischen der Herrschaft Petschau und dem Markt Einsiedl auch die Zollräder erwähnt. Sie dienten dort als Wegzeichen auf den Zufahrten zu den Zollstätten wie als Ver­botzeichen an ihren Umfahrten oder Schleichwegen. Dieser Zweck wird durch folgende Urkunden2) klar, in der die Pflichten der Herrschaft Petschau und des Marktes Einsiedl zur Erhaltung einer Brücke über den Rodabach (Fültzbrücke) im Wegzuge Einsiedl— Sangerberg festgelegt wurden:
Petschau, am 25. September 1664. Vergleich zwischen der Herrschaft Petschau und markt Ainsiedl wegen des prückels3) über der Rotha bey der Prondtsmühl.
Aussag der unterthanen, was ihnen wegen der Fültzbrücken .........................wissent ist

Johann Franz, seines alters 62 jahre, von Sangerberg saget aus: so alt ich bin, weih ich, daß bei der Fültzbrücken auch allda ein zollrath gestanden. und wer nicht auf Sangerberg gefah­ren, hat den zoll müssen auf Sangerberg tragen, ist er aber ohne dessen ablegung ertappt worden, hat man ihme seine führenden wahren contrabandirt.

Jacob Pruner, inwohner in Sangeiberg, seines alters 65 jähr saget aus,  ..........  das vor ettlich 20 jahren ein zollrath bey der Fültzbrücken gestanden, so anzeuget, daß die leuthe auff das dorff Sangerberg zufahren sollen, worauf aber die leutt wenig gegeben, also daß die mehristen oben hin zwischen Lauterbach und Neudorf auf Schönfeld zu gefahren sind, Winterszeit aber, wann großer schnee war und sie nicht wohl über die Rotha hinauskom­men können, feint die mehristen Mitten durch Sangerberg über die Fültzbrücken hinausgefahren.

Diese Angaben führen zur gewünschten Kenntnis über die Gestaltung des als Wegzeichen aufgerichteten Zollrades, ein Rad­bild aus Holz oder Stein, das auffallend auf einen Pfeiler oder Sockel gestellt war. Aus der bekannten Denkmalsreihe der ver­schiedenen Wegkreuze (Sühnkreuze) wird man nun nach dieser Erkenntnis die oft monumental durchgebildeten monolithen Rad­kreuze aus der Reihe der Kultmale ausscheiden müssen und sie als Zollräder der Gruppe der Hoheitszeichen angliedern. So z. B. das bekannte sogenannte Elbogner Sühnkreuz, das sich deutlich in einen Sockel und aufgefetzten Vierspeichenrad trennt4). Auf die Bestimmung eines Zollrades weist feine ursprüngliche Auf­stellung vor dem linken Brückenkopf des Elbogner Egerübergan-ges bei S. Johannes als Verbot der Zollumgehung nach Karls­bad durch das Hans-Heilingtal und als Wegweis zur Zollstätte am Stadttore Elbogens.

Außer dem Radkreuz, wie es einmal auch bei Rabensgrün als Zollrad vorkommt, möchte ich an dieser Stelle dann noch an die eingemeißelten Radbilder auf Sühnkreuzen und sakralen Wegkreuzen erinnern, die man sonst in romantischer Deutung gerne als Scharfrichterzeichen wie Rad und Galgen zu bezeichnen pflegte. Ich möchte solche alte Radbilder5) auf Wegkreuzen, wie sie z. B. bei Elbogen an der uralten Handelsstraße des Altsattler Steiges vorkommen, unbedingt auch als Zollräder betrachten, die als konventionelles Zeichen an der angebrachten Stelle vor dem Verlassen der Zollstraße unmittelbar vor der Zollstätte an der oberen Elbogner Egerbrücke warnen sollten. Zur Reihe der Zollradbilder zähle ich auch die verschiedenen Radzeichen auf den Steinkreuzen bei Girsch und Leskau, wie auf dem sog. Hoheits­mal an der Straße zwischen Plan und Kuttenplan, die Franz Blöchl in seiner Arbeit') „Von Sühnkreuzen, Hoheitsmalen usw." zur Darstellung bringt.

1) Karl Meder, Flurnamen im Erzgebirge und in seinem Vorlande (Uhls Heimatbücher, 8. Bündchen).

2) Petschau, Schloßarchiv, Abt. Theusinger Amtsarchiv.

3) Es ist die Brücke Fültzbrücke) des Straßenzuges Einsiedl—San­gerberg über den Rodabach oberhalb der heutigen Fritzmühle (im 17. Jhdt. Fültzmühle, im 18. bis Anfang 19. Jhdt. Filtzbrücke). Von der Brücke rechts abführend führte ein Nebenweg mit Umgehung der Zoll­stätte Sangerberg direkt nach Neudorf und Lauterbach.

4) Vgl. Topographie der historischen Kunstdenkmale, Band 43, Be­zirk Elbogen, S. 177, 234 s.

5) Vgl. Topographie der historischen Kunstdenkmale, Band 43, Be­zirk Elbogen, S. 131.

Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 71 (1933), 1-2 , S. 146 - 148

 

 

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