Jdi na obsah Jdi na menu
 


Eine Heimatsgeschichte. IX.

9. 6. 2011

Eine Heimatsgeschichte.

Aus der Geschichte der Stadt Einsiedl bei Marienbad und des Teplerlandes.

Von Obertierarzt Josef Schmidt (Einsiedl).

IX.

Die schlechten Erträge der Landwirtschaft brachten es mit sich, daß die kleineren Grundbesitzer neben dem Ackerbau auch ein Handwerk betreiben mußten, während sich die größeren Grundbesitzer dem Hopfenhandel zuwendeten. In Einsiedl, waren deshalb immer alle möglichen Handwerke vertreten, welche bis zum Jahr 1637 zu den Handwerkerzünften in Tepl, Plan, Schlaggenwald u. a. Städten gehörten. Im Jahre 1637 bekamen dann die Einsiedler Handwerker das Recht, folgende sieben Zunftgemeinschaften zu gründen: 1'. bie Zunft der Fleischhacker, 2. die Zunft der Zimmerleute, Mallerer und Steinmetzen, 3. die Zunft der Schmiede. Wagner, Tischler, Glaser, Nagel-Schmiede-Schlosser und Bittner. 4. die Zunft der Bäcker und Müller. 5. die Zunft der Sattler und Gärber, 6. die Zunft der Schuhmacher und 7. die Zunft der Schneider. Die übrigen Handwerker verblieben noch bei auswärtigen Zünften. Die Zünfte Hatten den Zweck, das betreffende Handwerk vor unlauterem Wettbewerb zu schützen und zu fördern. Lehrjungen aufzunehmen, Gesellen freizusprechen und Meisterrechte zu erteilen. — Die Hopfenhändler kauften den Hopfen in den Hopfengegenden Böhmens ein und verkauften ihn dann an die Brauereien des In- und Auslandes. Diese Männer verdienten bet diesem Geschäfte nicht nur Geld, sie eigneten sich durch das Reisen und den Verkehr in der Welt höhere Bildung und Wissen an. So wurde Einsiedl durch seine Handwerker, besonders aber durch seine unternehmungslustigen Hopfen-Handler, deren vor einhundert Jahren hier noch einige zwanzig waren, trotz der darniederliegenden Landwirtschaft, ein wohlhabendes Städtchen, was sich auch nach außen hin zeigte. So wurde 1833, nachdem erst 1816—1817 das Bräu- und Malzhaus neu gebaut worden waren, der ganze. Marktplatz gepflastert. Im folgenden Jahre gründeten die Einsiedler Bürger Johann Fischbach, Union Christl, Johann Dietl, Dionis Rudrich, Karl Christl und Josef Seitz eine Serpentin-Steinfabrik. Diese Fabrik stand rechts des Baches, ungefähr auf halbem Wege von der Siardus zur Fritzmühle im sogenannten Gärberholz. Das Fabriksgebäude war einstöckig, unten aus Stein, oben aus Ziegeln und waren darin unter anderen vier Schleifsteine, sechs Drehbänke, eine Steinsäge, ein Sternbohrer, eine holländische Graupenmühle und eine Schmiede: alles mit Wasserbetrieb. In dieser Fabrik wurde der schöne Serpentinstein, welcher in der Einsiedler Heide in mächtigen Lagern vorkommt, zu verschiedenen Hohlgefäßen, aber auch zu flachen Gegenständen (Grabkreuzen, Tischplatten) verarbeitet. Im Jahre 1836 besuchten die Königin von Baiern, König Otto I. von Griechenland und Prinz Wilhelm von Preußen die Fabrik, äußerten dabei großes Wohlgefallen und kauften auch mehrere Stücke der fertigen Ware. Diese Serpentinschleiferei, wie die Fabrik genannt wurde, ist leider nach kaum 20-jährigem Betriebe wieder eingegangen. Heute sind dort, wo die Fabrik stand, nur mehr verfallene Dämme des Stauteiches zu sehen, welche den Besucher daran erinnern, daß Hier einmal etwas war. — Im Jahre 1870 wurden unter Bürgermeister Wilhelm Christl, die in argem Zustande befindlichen Kleine- und Seitengassen straßenmäßig ausgebaut. Und im Jahr 1874 wurde der eiserne Röhrkasten mit Springbrunnen am Marktplatz errichtet, nachdem daselbst 1770 ein steinerner, und als dieser lein Wasser mehr hielt, ein hölzerner Röhrkasten gestanden waren. — Am 15. Lenzmond 1882 pachteten die Prager Herren von Lankisch und Scharf die Einsiedler Serpentinsteinbrüche auf 50 Jähre und errichteten unterhalb der Schöppelmühle, links vom Bache, abermals eine Serpentinsteinfabrik, welche später, als Herr Uebel aus Asch mit in das Unternehmen eintrat, in die Fritzmühle verlegt wurde. Diese Fabrik war bis zum Jahre 1905 in Betrieb. Heute sind in Einsiedl außer der Brauerei und zwei Brettsägen nicht nur keine Industrieunternehmungen, es sind auch die wohlhabenden Hopfen-Händler in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhundert einer nach dem andern in die Saazer Gegend abgewandert; auch viele Handwerke sind eingegangen, so die Gärber, Weber, Färber, Töpfer, Seiler, Huter, Gürtler, Seifensieder, Uhrmacher. Auch die Zahl der Wohnhäuser hat sich in den letzten hundert Jahren stark verringert. Nach jedem Brande sind immer ein oder mehrere Häuser nicht wieder aufgebaut worden. So wurden z. B. nach dem großen Brande am 20. Gilbharts 1891 von 27 niedergebrannten Häusern nur 20 wieder aufgebaut. Während Einsiedl vor 100 Jahren 136 Wohnhäuser zählte, sind deren heute hier nur mehr 125. Während dieser Zeit ist das zwei Wegstunden von Einsiedl entfernte Marienbad, das im Jahre 1811 aus sechs Häusern mit fünfzig Einwohnern bestand, zu einer weltberühmten Kurstadt angewachsen.

Das Jahr 1893 war wegen der großen Dürre ein arges Mißjahr, damals regnete es den ganzen Frühling und Sommer nicht; die Wiesen waren braun und das Sommer-Getreide war kaum eine Spanne hoch.

Während des Weltkrieges (1914—1918) waren von den 1020 Einwohnern 140 Männer in Kriegsdiensten. Von diesen sind 20 gefallen, 5 werden noch vermißt, 17 wurden verwundet, davon sind 7 invalid; außerdem waren 10 in Gefangenschaft.

Am 15. Nebelung 1918 besetzen die Tschechen Marienbad und erklärten den Bezirk Marienbad gegen den Willen der Bevölkerung als tschechoslowakisches Staatsgebiet.

Vom Herbst 1919 bis Frühling 1920 wurde in Einsiedl die elektrische Licht- und Kraftleitung gebaut. Am 7. Ostermonds 1920 erstrahlte das Städtchen das erste Mal im elektrischen Lichte.

Finsternis herrscht jedoch in Einsiedl noch auf dem Gebiete des völkischen Lebens. Es gibt hier zwar einen Turnverein und eine Ortsgruppe des Bundes der Deutschen in Böhmen, aber sie entfalten keine Tätigkeit. Die im Jahre 1919 gegründete Ortsgruppe des Bundes der deutschen Landjugend hat selbst unbegreiflicherweise unter der deutschen Jugend Gegner, so daß auch diese Vereinigung zum Nutzen der Jugend nicht gedeihen kann. Bei den Gemeindewahlen am 15. Brachmond 1919 wurden in Einsiedl, wo fast durchwegs selbständige Landwirte und Handwerker wohnen, 266 Stimmen für die rote Internationale und nur 176 Stimmen für den Bund der Landwirte abgegeben. Hoffen wir, daß auch Einsiedl einmal das Volks- und Stammesbewußtsein wach und nützliche Arbeit zum Wohle des Gesamtvolkes geleistet wird, damit ein späterer Gesichtsschreiber hierüber Erfreuliches berichten kann.

Einsiedl, im Brachmond 1920.

SCHMIDT, Josef: Eine Heimatsgeschichte. Aus der Geschichte der Stadt Einsiedl bei Marienbad und des Teplerlandes. IX. In: Deutsche Landpost, Jahrg. 2, Nr. 162, 27.7.1920, S. 2
 
 

Komentáře

Přidat komentář

Přehled komentářů

Zatím nebyl vložen žádný komentář